Seit 15. März 2020 ist die Wortmarke „New Pay“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen. Damit möchten wir den Begriff und das dahinterstehende Konzept vor einseitiger Vereinnahmung schützen und jenseits von Blaupausen eine breite Debatte rund um neue Vergütungsformen ermöglichen.
Von Sven Franke, Stefanie Hornung
und Nadine Nobile
Als wir im Frühjahr 2017 zu dritt die Köpfe zusammensteckten und über den Status quo der New-Work-Szene diskutierten, kam schnell eine zentraler Gedanke ins Spiel: Viele Unternehmen hatten sich neuen Formen der Zusammenarbeit, Führung auf Augenhöhe oder einer hohen Selbstverantwortung der Mitarbeitenden verschrieben, doch beim Geld – da hörte der Spaß auf. Die Vergütung war für die meisten Unternehmen tabu. Deshalb haben wir uns auf eine Recherchereise begeben und viele Unternehmen besucht, um nach Gründen und neuen Ansätzen zu suchen.
Wie der Begriff „New Pay” entstand
Bei Vorträgen und Keynotes haben wir schon oft von diesem Tag am Küchentisch unserer Teamkollegin Stefanie Hornung berichtet: dem Startpunkt unseres Teams und des Begriffs „New Pay“. Zur
Erkundung dessen, was sich in Sachen Entlohnung bereits in der New-Work-Szene getan hatte, wollten wir eine Blogparade nutzen. Und da jede gute Online-Kampagne auch einen griffigen Hashtag
braucht, suchten wir nach einem prägnanten Begriff für unser Thema: Entlohnungsmodelle und Vergütungsansätze, die Teil einer gelebten New-Work-Kultur sind. New Pay war geboren.
Fast genau zwei Jahre später (im Juni 2019) erschien unser Buch „New Pay – Alternative Arbeits- und Entlohnungsmodelle“ im Haufe Verlag. Darin teilen wir die Erkenntnisse aus unseren Recherchen und gemeinsamen Diskussionen im Team. Wir berichten über zehn Organisationen und deren jeweiliges Entlohnungs- und Arbeitsmodell, die wir für das Buch untersucht haben. Auf dieser Grundlage identifizierten wir sieben Prinzipien für New Pay, die viele dieser und weiterer Organisationen verfolgen.
Die Bandbreite der Lösungen ist groß: Die Ansätze reichen vom Einheitsgehalt über ein Wunschgehalt, Gehaltsformeln und Gehaltschecker bis hin zu partizipativen Ansätzen, bei denen die
Führungskräfte gemeinsam mit den Mitarbeitenden ein neues Vergütungssystem erarbeiten. Unsere These, die wir im Buch vertreten, hat sich für uns in vielen Gesprächen bestätigt: Vergütungssysteme
machen Organisationen dann erfolgreich, wenn sie möglichst viele Beschäftigte als fair empfinden und sie nachhaltig auf die Gesamtleistung aller einzahlen. Dabei ist die Wahrnehmung von gefühlter
Gerechtigkeit jeweils von der individuellen Unternehmenskultur abhängig. Deshalb betrachten wir New Pay als einen fortlaufenden Prozess, der eine möglichst gute Passung des Vergütungssystems mit
der Unternehmenskultur und deren Entwicklung zum Ziel hat.
Being New Pay statt nur Acting New Pay
Bereits nach der Blogparade im Herbst 2018, für die wir erstmals den Begriff New Pay verwendeten, hielt die Bezeichnung ganz selbstverständlich Einzug in die Arbeitswelt- und New-Work-Debatte.
Seit Erscheinen des Buches gab es kaum eine Veranstaltung zu New Work, Agilität oder Personalmanagement, die das Thema nicht aufgegriffen hat – angefangen vom Equal Pay Day und HR Innovation Day
über New Work Future, DGfP-Jahrestagung Comp & Ben und Zukunft Personal Europe bis hin zur Work Awesome.
Neben uns als Initiatoren von New Pay nahmen auch verschiedene andere Player New Pay auf ihre Agenda, auf Events oder auf ihren Unternehmensblogs. Dabei wurde jedoch bisweilen ein großer
Unterschied zu unserem Verständnis von New Pay deutlich. Unternehmensberatungen nutzten den Begriff beispielsweise für konkrete Vergütungsinstrumente, die ihr Portfolio erweitern und einen
modernen Anstrich geben sollen. Dabei sehen wir die Gefahr, dass New Pay auf Teilaspekte reduziert wird, die zwar im Einzelfall ein Bestandteil von New Pay sein können, aber nicht dem generischen
Gesamtkonzept gerecht werden.
Für uns gilt das Motto: „Being New Pay statt Acting New Pay”.
Das heißt, wir sprechen von New Pay, wenn Organisationen sich (bewusst oder unbewusst) um die folgenden sieben Prinzipien (Dimensionen von New Pay, die wir im Buch ausführlich erläutern)
bemühen:
Fairness, Transparenz, Selbstverantwortung, Partizipation, Flexibilität, Wir-Denken und Permanent Beta.
Das gilt unter zwei Einschränkungen:
- Die Berücksichtigung dieser Prinzipien sind in jeder Organisation unterschiedlich stark ausgeprägt. Zum Beispiel: Transparenz kann sich auf die Gehaltshöhe der einzelnen Mitarbeitenden, aber auch "nur" auf das Verfahren der Gehaltsfindung beziehen.
- Die aktuell formulierten sieben Dimensionen könnten sich in der Praxis mit der Zeit erweitern oder in der Wichtigkeit verschieben. Die aktuelle Krise ist eine wesentliche Erfahrung, um die Prinzipien auf ihre Anwendbarkeit in anderen Umfeldern zu überprüfen.
Den Begriff schärfen
Damit New Pay in diesem Sinne als Gesamtkonzept gewahrt bleibt, haben wir einen Antrag auf Eintragung einer Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt. So können wir als „Hüter von
New Pay” dafür Sorge tragen, dass der Begriff nicht beliebig und somit zum Marketinglabel wird. Hinzu kam auch die Erfahrung, dass Begriffe und dahinterstehende Konzepte markenrechtlich nicht
zwangsläufig denjenigen vorbehalten bleiben, die sie in die Welt gesetzt haben. Wir hatten die Befürchtung, dass ein anderer Player im Markt sich New Pay zu eigen machen könnte und uns als
Wortschöpfer ebenso wie anderen Gleichgesinnten künftig die Nutzung streitig machen würde.
Was werden wir nun tun, wenn jemand den Begriff New Pay für kommerzielle Zwecke nutzt oder die Inhalte nicht unserem oben beschriebenen Verständnis entsprechen? Um ehrlich zu sein: Wir wissen es
noch nicht. Sicherlich werden wir das Gespräch suchen und dann im Einzelfall entscheiden. Wir sind jedoch offen für Kooperationen mit denjenigen, die unsere Vorstellung von New Pay teilen oder
sogar erweitern. Denn Teil von New Pay ist die Idee, dass sich Vergütungssysteme in Organisationen ständig weiterentwickeln (Permanent Beta). Deshalb muss dies auch für das generische
Gesamtkonzept selbst gelten.
Wir sind bereits in engem Austausch mit Wissenschaftlern und anderen Praktikern, um unser Konzept auch von Seiten der Forschung weiter zu validieren und zu schärfen. Außerdem entwickeln wir
Tools, um die individuelle und organisationale Standortbestimmung in Sachen New Pay zu erleichtern. Auf diese Weise möchten wir Unternehmen auf ihrer New Pay Journey noch besser begleiten, aber
sie auch zu ihrer eigenen Reise ermuntern und ihnen das Know-how dazu mit auf den Weg geben. Mit unserem breit aufgestellten Verständnis von New Pay können wir nach unserer Überzeugung für
Unternehmen und Organisationen den größtmöglichen Mehrwert stiften.
Die Debatte erweitern
Um das Konzept weiter zu entwickeln und wichtigen Zukunftsfragen – auch im Zusammenhang mit der Krise – zu beantworten, brauchen wir eine gemeinsame Debatte und die Weisheit der Vielen. Dazu gehören für uns als Diskussionsteilnehmer unter anderem Unternehmen, die selbst an ihrem Vergütungssystem arbeiten, Wissenschaftler, Vergütungsexperten oder Start-ups, die neue Lösungen für Vergütung auf den Markt bringen. Mit der Markeneintragung möchten wir andere ermutigen, das Konzept New Pay gemeinsam mit uns weiter zu treiben und zu gestalten.
Deshalb freuen wir uns über Feedback, Anregungen und Rückfragen unter NewPay@coplusx.de.
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